Altes Gymnasium Bremen

Stipendiaten brauchen mehr als gute Noten

Der erste Schritt zur Förderung besteht darin, einen Kontakt zu knüpfen. "Am wichtigsten ist der persönliche Aspekt, dass man Leute kennenlernt, die mit der Stiftung in Verbindung stehen", sagt Jan Bruckmann, der ein Buch zum Thema geschrieben hat und Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung war. Solche Leute seien an den Hochschulen oder in Regionalgruppen der Stiftungen zu finden. Großen Wert legen Stiftungen darauf, dass Bewerber sich leistungsbereit zeigen und für die Ziele der Stiftung einsetzen. "Jede Stiftung versucht, das soziale Gefüge in Deutschland zu verbessern und sozial zu agieren", sagt Bruckmann. Auch die Hans-Böckler-Stiftung versteht ihre Arbeit in diesem Sinne. "Gute Leistungen und gesellschaftliches Engagement: Wer diese Voraussetzungen mitbringt, hat gute Chancen, ein Stipendium zu erhalten", erklärt Rainer Jung. Mit anderen Worten: Auch das gesellschaftspolitische Engagement der Bewerber zählt, etwa in Gewerkschaften, Parteien, Jugendorganisationen oder in der Hochschulpolitik. Auch der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) in Bonn achtet bei Auslandsstipendien auf das Engagement "über die Grenzen des eigenen fachlichen Horizonts hinaus", wie die Sprecherin Alexandra Helm erklärt. Private Aktivitäten Die schriftliche Bewerbung besteht meist aus Lebenslauf, einem Motivationsschreiben und Gutachten. "Der Lebenslauf lehnt sich an eine akademische oder Praktikums-Bewerbung an", sagt Bruckmann. Allerdings sollte man den Schwerpunkt eher auf persönliche Faktoren setzen - also etwa die Leitung einer Jugendfreizeit oder das Singen im Kirchenchor, wenn man sich bei einer kirchlichen Stiftung bewirbt. Im Motivationsschreiben müssen Bewerber Bruckmann zufolge die Verbindung herstellen "zwischen dem, was man in der Vergangenheit geleistet hat, und dem, was man in der Zukunft erreichen möchte". Das Schreiben sollte deutlich machen, inwiefern eine Förderung beim Erreichen der persönlichen Ziele hilft. Der Gutachter sollte laut Bruckmann nach dem Lesen von drei Dingen überzeugt sein: erstens, dass der Bewerber weiß, welche Vorteile ihm das Stipendium bietet; zweitens, dass Förderer und Bewerber sich gut ergänzen; und drittens, dass der Bewerber sich Ziele gesetzt hat, die er erreichen kann.
Auch Zeugnisse und Leistungsnachweise dürfen in der Bewerbung nicht fehlen. Sie sollen die gemachten Aussagen belegen. In Gutachten muss die fachliche Qualität bezeugt werden. Oft ist die Suche nach einem geeigneten Gutachter schwierig. "Da ist viel Fingerspitzengefühl nötig", sagt Bruckmann. Professoren sollte man eventuell schriftlich mitteilen, was für das Gutachten wichtig ist und wo die eigenen Qualifikationen liegen. In einer Bewerbung um ein Auslandsstipendium muss zum Beispiel drinstehen, dass der Bewerber sich für Sprache, Kultur oder Religion des Landes interessiert.
Ist die erste Hürde geschafft, folgen meist die Auswahlgespräche. Seltener sind Klausuren, wie sie die Konrad-Adenauer-Stiftung ansetzt. "In den Interviews geht es stark um persönliche Eigenschaften", sagt Bruckmann. Wichtig ist hierbei, dass man Motivation, Eigenständigkeit, Teamfähigkeit und Kommunikationstalent zeigt. Oft gibt es eine Gruppendiskussion, die das Sozialverhalten beleuchten soll.

Berit Schmidt (Weser-Kurier) ... 24.08.2010

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