Sita Steen

"Ein Glied von Schillers Locke"

 

Und drinnen waltet die putzsüchtige Frau:

Sie füttert im Stalle die hochfrüchtge Haussau,

die Mutter der Vierpfünder,

mit Futter für Viermünder,

und lebet weise

und webet leise

und lehret die Mädchen

und mehret die Lädchen

und strickelt und webelt

und wickelt und strebet,

Gewinne zu mehren,

der Minne zu wehren,

und müht sich ohn Ende, mit Fleiße zu sticken,

die Strümpfe zu stopfen, die Steiße zu flicken,

und füllet mit Schätzen und hehren Laken

die Schreine, die Truhen, die leeren Haken

und spinnet zum Faden die schimmernde Wolle

und findet zum Spaten die wimmernde Scholle

und nutzet die Kräfte und ganze Glut

und zeigt sich im festlichen Glanze gut -

trotz scheußlichem Harm -

mit häuslichem Charme!

 

Hier ergibt sich die Komik durch Ersetzung der Gestalt der Mutter und Hausherrin, die über die "Schätze, Glanz und Schimmer" herscht, durch die Gestalt der Sklaven-Frau, die ununterbrochen bis zur totalen Erschöpfung arbeitet.

 

Sita Steens Auffassung ist feministisch. Sie will betonen, dass das Leben einer Hausfrau nicht die romantische und ausgeglichene Darstellung von Schiller ist, sondern ein Dasein voller Demut und anstrengender Arbeit.

 

Sie beschreibt die unangenehme Seite der Hausarbeit der Frau und ironisiert Schillers "rosa farbende" Welt. Die Dichterin schafft auf diese Weise eine tragikomische Welt, weil sie eine bittere Realität darstellt. Sie beschreibt genau die kleinen Aufgaben, die eine Frau jeden Tag wiederholen muss.

 

Am Ende dieses unendlichen Tages erwartet man von einer Frau, dass sie sich im "häuslichen Charme" zeigt. Genau solche Klischees will die Dichterin zerstören und durch Komik die Wahrheit ans Licht bringen.