Die Glocke und ihre Herkunft
China ist das Ursprungsland der Glocke.
Allerdings gewinnt man den Eindruck, als sei sie nie erfunden oder entdeckt
worden. Im fernen Asien war sie irgendwann vor nunmehr 4000 Jahren einfach da.
Ihr Hohlraum war die Maßeinheit für Getreide, ihr Durchmesser gab
das Maß der Länge vor. Sie war das tonangebende Musikinstrument, war
Signalgeber bei kultischen Handlungen. Eine gestimmte Glocke gab den Ton im
gesamten Kaiserreich an, es sollte eine einheitliche "Stimmung" im
Lande herrschen. Dem Orchester verhalf sie als "Stimmgabel" zum
rechten Ton. Ihre Klänge galten als Bindeglied zwischen Himmel und Erde.
Kaiser und Fürsten ließen sich vom Läuten der Glocke wecken.
Sie schmückte als Glöckchen die Pagoden und rief im Tempel mit
mächtiger Stimme buddhistische Mönche zum Gebet.
In Indien wird die Glocke
endgültig zum Synonym für die Musikinstrumente. Die Klänge aller
bekannten Musikinstrumente vereinen sich nach buddhistischer Auffassung in der
Glocke. Hochrangige Angehörige der vielgestaltigen indischen
Götterwelt tragen als eines ihrer Attribute die Glocke. Die Göttin
Durga besiegt mit Schwert und Glocke den Büffel - Dämon, in unseren
Breiten würden wir sagen, den Teufel.
Mesopotamien kennt die Glocke vor allem am Hals
der Leitpferde, der Elefanten und Kamele von Königen und Heerführern.
Ihr Klang soll die Götter besänftigen, die Dämonen bannen. Auch
die Speere der Krieger und Jäger zieren Glöckchen. Ihr Klingen sollen
den Feind oder das Beutetier verwirren. Ähnlich die Verwendung im Hochland
von Armenien und beim Reitervolk der Skyten, das weit nach Europa vordrang.
In Vorderasien dienen Glöckchen ebenfalls
als Behang der Tiere, in der griechischen Mythologie trägt der Wachhund
des Cerberus eine Glocke um den Hals. In Ägypten dient sie darüber
hinaus als Amulett und Grabbeilage verstorbener Kinder. Von der Verwendung der
Glocke im Totenkult zeugt auch eine Beschreibung des mit Glöckchen
behangenen Wagens mit der Leiche von Alexander dem Großen im Jahre 323
v.Chr. bei der Überführung nach Ägypten.
Ein früher Beleg für
die Verwendung der Glocke im Judentum ist das "Jaspissiegel" aus dem
8. Jh. v.Chr. mit der Inschrift: "Amos der Schreiber". Amos gilt als
erster klassischer Schriftprophet und Verfasser des "Buches der
Propheten". Auf dem Siegel sind zwei Männer -vermutlich Priester-
beim gemeinsamen Gebet zu sehen. Zwischen ihren Köpfen und über den
gefalteten Händen schwebt eine Glocke. Man denkt zurück an China und
Indien: Die Musik, der Klang der Glocke verbindet Himmel und Erde. Vielleicht
sollten die Gebete auch von ihren Klängen gen Himmel tragen werden.